Kranzniederlegung zum 150. Todestag Alexander von Humboldts (2009)
Die Frühjahrstagung 2009 wurde in Berlin abgehalten, um den damaligen Lebensraum Alexander von Humboldts zu besuchen und nahe den historischen Quellen und auf dem Boden der Stadt, die er ausdrücklich die Seinige nannte, seiner zu gedenken.
Gedenkrede im Innenhof des Sterbeortes am 10. Mai 2009, Oranienburger Straße 67
Sehr verehrte Anwesende, liebe Mitglieder der Humboldt-Gesellschaft,
wir sind heute morgen hier zusammengekommen, um eines unserer beiden Namenspatrone zu gedenken, nämlich Alexander von Humboldts, der vor 150 Jahren, am 6. Mai 1859, im gesegneten Alter von 90 Jahren an diesem Ort hier gestorben ist. Er lebte zuletzt in jenem Hause, das damals auf diesem Grundstück stand. So können wir uns heute dem Genius loci besonders nahe fühlen.
Alexander von Humboldt war ein deutscher Naturforscher von Weltgeltung. Er war durch seine lebenslange Forschertätigkeit ein Mitbegründer der Geographie als empirischer Wissenschaft.
Sein ursprüngliches Studium der Staatsverwaltung entsprach seinem ausgeprägten Ordnungssinn sowie seinem empirischen Denkvermögen und erweiterte womöglich frühzeitig seinen Gesichtskreis hin zu einer schließlich globalen Betrachtungsweise der Welt seiner Zeit. Die Naturwissenschaften insgesamt wurden dann zur Herausforderung seines Wesens.
Wenn auch seine wissenschaftlichen Leistungen genialische Züge tragen, so erscheinen seine Ergebnisse seinem Charakter entsprechend als konsequent: Er war ein Macher, ein Kämpfer, einer der sich übermenschlichen physischen Anstrengungen unterwarf, um der Sache – seiner Sache – zu dienen. Dies erhellt u.a. aus seinem Brief an den französischen Astronomen Delambre, in dem er schrieb: „Jeder Mann hat die Pflicht, in seinem Leben den Platz zu suchen, von dem aus er seiner Generation am besten dienen kann“.
So arbeitete er und so konnte er auf seinen vielen Reisen mannigfaltige Feldforschungen betreiben, und zwar jeweils persönlich. Es ging um die Bereiche Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik, Zoologie, Klimatologie, Ozeanographie, Astronomie und nicht zuletzt auch noch um Wirtschaftsgeographie und Ethnologie. Und in unzähligen Fällen setzte er in diesen vielfältigen wissenschaftlichen Bereichen neue Maßstäbe, wenn man nur an seine Pflanzen-Geographie oder die Isothermen in der Klimatologie denkt.
Wieviele geographische Örter und Schwerpunkte tragen daraufhin heute seinen Namen?!
Von seinen Veröffentlichungen erlangten vor allem die „Ansichten zur Natur“ und dann der „Kosmos“ schon zu Lebzeiten außerordentliche Verbreitung und Popularität. Er galt als „wissenschaftlicher Wiederentdecker Amerikas“, als „Wissenschaftsfürst“ oder wie auf einer Gedenkmünze der Pariser Akademie der Wissenschaften zu lesen ist, als „Der neue Aristoteles“.
Natürlich wurde Alexander von Humboldt in zahlreiche Akademien berufen. So war er Mitglied der Leopoldinisch-Karolinischen Akademie der Naturforscher, der Preussischen Akademie der Wissenschaften, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie Gemeinnütziger Wissenschaften.
Zudem korrespondierte er bei der Erstellung seines grandiosen publizistischen Werkes mit zahllosen internationalen Spezialisten der verschiedensten Fachrichtungen und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk eigener Prägung.
Er pflegte Kontakte zu vielen großen Gelehrten seiner Zeit und fühlte sich zu Goethe von Forscher zu Forscher besonders hingezogen. Der schrieb ihm 1795: „Da Ihre Beobachtungen vom Element, die meinigen aber von der Gestalt ausgehen, so können wir nicht genug eilen, uns in der Mitte zu begegnen“. Und an anderer Stelle sagte Goethe über Alexander: „Humboldt überschüttet uns mit geistigen Schätzen!“
Ähnlich äußerte sich auch Charles Darwin, wenn er sagte: „Er war der größte reisende Wissenschaftler, der jemals gelebt hat. Ich habe ihn immer bewundert, jetzt bete ich ihn an!“ Viele Beurteilungen dieser Art hat es gegeben, ob von Friedrich von Schiller oder – auch weltweit – Simón Bolivar, Thomas Jefferson, Emil du Bois-Reymond oder schließlich Claude Louis Bertollet, der die wissenschaftliche Kapazität Alexanders in dem Satz zusammenfasste: „Dieser Mann vereint in sich eine ganze Akademie.“
Alexander von Humboldts Wissenschaft war e i n Wesenszug. Der a n d e r e war sein ausgeprägtes humanitäres Anliegen, das ihn sozusagen selbstverständlich Freimaurer werden ließ. Sein Ideal war, den Geist der Zeit des klassischen Idealismus mit dem Geist der zur Blüte aufsteigenden exakten Naturwissenschaften zu vereinigen.
Wir zählen ihn zu Recht zu den großen Geistern, die Kultur und Wissenschaft – nicht nur in Deutschland sondern international – gefördert und somit bleibende Spuren mit großer gesellschaftlicher Relevanz hinterlassen haben.
Wir verehren Alexander von Humboldt in Dankbarkeit und sind stolz, als Humboldt-Gesellschaft seinen Namen zu tragen.
U. Bansemer