116. Tagung in Rastatt, Straßburg und Ettlingen am 4.-6.10.2024
(gekürzte Fassung aus dem Infobrief)
Idee und Konzept der 116. Tagung im Herbst 2024 im badischen Rastatt, in der Europa-metropole Straßburg und im beschaulichen badischen Ettlingen haben Prof. Hanspeter Münch und Irmtraud Bast-von Humboldt gemeinsam entwickelt. Einige Jubiläen des Jahres 2024 haben Pate gestanden und die Ortswahl bestimmt:
- 175 Jahre Niederschlagung der Revolution in Baden (23.7.2024) als letzter Akt der Revolution von 1848; die Revolution 1848 war ein gesamteuropäisches Phänomen
- 75 Jahre Grundgesetz (23.5.2024)
- 50 Jahre Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in Deutschland, initiiert von Ex-Bundespräsident Heinemann und eröffnet in Rastatt 1974
- Viele literarisch-philosophisch-künstlerische Jahrestage (300. Geburtstag von Kant, geb. am 22.4.1724, 275. Geburtstag von Goethe, geb. am 28.8.1749, 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich, geb. am 5.9.1974, …)
Die meisten der genannten Jubiläen zeigen auch Bezüge zu den Brüdern Humboldt, sodass schon eine begrenzende Auswahl getroffen werden musste.
In diesem Kontext bedeutender Jubiläen sind auch die 10. Direktwahlen zum Europäischen Parlament (9.6.2024) zu nennen. Die Wahlergebnisse deuten auf Orientierungslosigkeit der Menschen in allen europäischen Ländern hin und man muss befürchten, dass die Erfahrung von Freiheit und das Bewusstsein der daran geknüpften Werte angesichts der Krisen in der Welt verloren zu gehen drohen.
Freitag, 04. Okt. 20214
So wurde unsere Tagung mit dem Titel „Freiheitsbewegungen in Deutschland und Demokratie in Europa“ bewusst nach Rastatt verlegt. Die von Bundespräsident Gustav Heinemann initiierte, kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Juni 1974 von ihm eröffnete und vom Bundesarchiv Koblenz geführte Erinnerungsstätte für Freiheitsbewegungen in Deutschland im Rastatter Schloss ermöglicht uns einen unmittel-baren Einstieg in das Thema unserer Tagung. Rastatt kann wie die Frankfurter Paulskirche als ein nationaler Erinnerungsort verstanden werden.
Gustav Heinemann hatte selbst ein Familienmitglied, das in der badischen Revolution 1849 in Rastatt nach Niederschlagung des Aufstandes durch Preußen in den Kasematten der Rastatter Festung umgekommen ist. Vor allem aber wollte er den Paradigmenwechsel und den Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte Sichtbarkeit verleihen. Er äußerte sich dazu mehrfach, in programmatischen Reden 1969 im Bundestag, wenige Monate nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten. Als er die Gründung der Erinnerungsstätte anregte, ging es ihm darum „in der Geschichte unseres Volkes nach jenen Kräften zu spüren und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die dafür gelebt und gekämpft haben, damit das deutsche Volk politisch mündig und moralisch verantwortlich sein Leben und seine Ordnung selbst gestalten kann“.
Heinemanns Ideen wurden in der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Nordostflügel des Rastatter Schlosses umgesetzt und sukzessive museumspädagogisch weiterentwickelt im Sinne von „Geschichte lebendig erleben“. Dazu gehörte auch Anfang des Jahrtausends die Erweiterung der Ausstellung um die friedlichen Revolution 1989 in der ehemaligen DDR, der eine eigene Etage gewidmet wurde.
Mit der Führung durch die Ausstellung in der Erinnerungsstätte durch Vertreter des Bundes-archivs beginnen wir unsere Tagung. Im Anschluss an die Führungen und die Kaffeepause haben wir thematisch vertiefende Vorträge von Udo von der Burg („Wilhelm von Humboldts Bemühen um eine Verfassung“) und Michael Maurer („Humboldts Liberalismus“), beide mit Vorträgen zu Wilhelm von Humboldts Bemühen um Verfassung und freiheitliche Ideen; daran schließt sich der Vortrag von Tobias Hirschmüller („Wege aus der Revolution. Biographische Zugänge zum Ende von 1848/1849“) an, der sich mit dem Ende der 1848er Revolution beschäftigt.
Nach einem kurzen Fußweg treffen wir uns zur Jahresmitgliederversammlung (mit Neuwahlen des Präsidiums) im Nebenzimmer des historischen Restaurants zum Schloss, direkt gegenüber vom Schlosshof; dort werden wir am Freitag und Samstag auch das gemeinsame Abendessen einnehmen.
Samstag, 05. Okt. 2024
Den Samstag verbringen wir in der Europastadt Straßburg. Zur Geschichte des Elsass und der Stadt Straßburg, die auch für Europa heute von großer Bedeutung ist, gibt es eine Einführung von Frau Bast-von Humboldt-Dachroeden während der Busfahrt.
Wir planen die Exkursion mit Besichtigungen und integrierten Vorträgen an den drei markanten Stadtteilen – der historischen Altstadt mit dem Münster auf der „Grande Ile“ (der Fluss Ill umschließt die Altstadt von Straßburg, sodass der Eindruck einer Insel entsteht), der kaiserlichen Neustadt, zu der auch die Universität Straßburg gehört, und dem Quartier der europäischen Institutionen, darunter das architektonisch interessante Gebäude des Europäischen Parlaments. Alle Quartiere werden im Laufe des Samstags besichtigt und es sind jeweils Führungen geplant. Sie erhalten im Bus auch einen Stadtplan von Straßburg sowie bebilderte Beschreibungen der Rundgänge, sodass jeder dieselbe Informationsbasis hat.
Auf zwei Highlights will ich Sie besonders hinweisen: eine Führung im von Kaiser Wilhelm I gestifteten Observatorium, nahe der Place de l‘Université, das einige der originalen astronomischen Instrumente von Alexander von Humboldt besitzt, und auf die kunsthistorische Führung im Straßburger Münster durch die Kunsthistorikerin Dr. Andrea Nisters.
Wichtiger Hinweis: Leider kann die Präsentation der astronomischen Instrumente Alexander von Humboldts im Observatorium nicht für alle Teilnehmer angeboten werden, weil die Universität sehr enge Grenzen gesetzt hat. Daher bitte ich Sie, dass Sie im Anmeldeformular angeben, ob Sie unbedingt das Observatorium und die Instrumente sehen wollen (Gruppe 1 im Programmblatt) oder ob Sie sich eher dem Rundgang in der kaiserlichen Neustadt (Gruppe 2 im Programmblatt) anschließen wollen.
Als Vorauswahl wurde bereits entschieden, dass die Besichtigung des Observatoriums nur für Mitglieder angeboten wird. Abhängig von den Rückmeldungen können möglicherweise nicht alle Wünsche berücksichtigt werden. Wir bitten dafür um Verständnis.
Der Rundgang der Gruppe 2 in der kaiserlichen Neustadt konzentriert sich auf die bedeutenden Gebäude rund um den Place de la République, vormals Kaiserplatz im Norden der Altstadt. Wir sehen dort u.a. das Palais du Rhin, vormals Kaiserpalast, das Nationaltheater, die Bibliothèque Nationale Universitaire, die zweitbedeutendste Bibliothek Frankreichs, und die reformiert-protestantische Kirche Saint Paul, gebaut an markanter Stelle an der Ill.
Beide Gruppen treffen sich an der Place Broglie, am Rathaus; von dort starten wir den Rundgang in der Altstadt und gehen über den Place Gutenberg in die romantischen Gassen um das Straßburger Münster. Nahe zum Münster nehmen wir ein elsässisches Mittagessen ein, um gestärkt den Erläuterungen von Dr. Andrea Nisters zum Figurenschmuck des Portals des Straßburger Münsters, der Gestaltung der Fenster und des gotischen Engelspfeilers zu folgen.
Nach der Führung im Münster müssen wir leider zu Fuß zurück zur Place de la République, denn der Bus darf nicht in die Altstadt fahren. In der Altstadt von Straßburg gibt es viel Kopfsteinpflaster, daher bitte am Samstag bequeme Schuhe anziehen. Der Fußweg dauert etwa 15 Minuten.
Der dritte Schwerpunkt der Straßburg-Exkursion ist das Gelände der europäischen Institutionen, darunter der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der Europarat und das Europäische Parlament. Wir werden das Europäische Parlament besichtigen, insbesondere die Ausstellung im Besucherzentrum und den Plenarsaal. Dabei werden wir erfahren, wie die Sitzungen durchgeführt werden und vor allem wie sichergestellt wird, dass alle Abgeordnete in ihrer Landessprache teilnehmen können.
Leider werden wir keinen Abgeordneten persönlich treffen und die ursprünglich geplante Fragestunde muss entfallen, denn alle Versuche, mit Abgeordneten das Treffen zu vereinbaren, sind gescheitert. Angesprochen wurden 3 Abgeordnete der CDU und je 1 Abgeordneter der SPD und der Grünen; vier haben über ihre Büroleitung absagen lassen, einer hat überhaupt nicht geantwortet. Große Enttäuschung! Wir haben so gelernt, dass die Abgeordneten nur zu Sitzungswochen in Straßburg sind; diese finden 12-mal pro Jahr statt. Weitere Sitzungswochen finden in Brüssel statt.
Wir können im Plenarsaal hauseigene Audiosysteme nutzen, um eine Einführung von Roberta Metsola, Präsidentin des europäischen Parlaments, sowie weitere Themen zu hören.
Für den Zutritt zum Parlamentsgebäude muss der Personalausweis vorgelegt werden.
Vom Europagelände treten wir die Rückfahrt an über die französische Autobahn A35.
In Sessenheim planen wir einen Zwischenstopp am Goethe-Denkmal. Sessenheim war der Wohnort der Pfarrerstochter Friederike Brion, Freundin Goethes während seiner Studienzeit in Straßburg vom April 1770 bis Juli 1771. Zu dieser Beziehung gibt es einige literarische Zeugnisse, Gedichte, die unter dem Titel „Sessenheimer Lieder“ zusammengefasst sind. Einige Gedichte wurden in die Hamburger Ausgabe der Werke Goethes aufgenommen.
Mit vielen Eindrücken von Straßburg und berührt von der Romanze Goethes mit Friederike Brion erreichen wir Rastatt, wo wir uns ab 19:30 Uhr zum festlichen Abendessen treffen werden.
Sonntag, 06.Okt. 2024
Der letzte Tag der Tagung in Ettlingen steht ganz im Zeichen der Kunst. Den Transfer von Rastatt nach Ettlingen machen wir per Bus oder mit den privaten PKW’s. Gepäck kann im Bus bleiben.
Schloss Ettlingen: Die Markgräfin Augusta Sibylla hat Anfang des 18. Jahrhunderts das im pfälzischen Erbfolge¬krieg zerstörte Renaissanceschloss in Ettlingen im barocken Stil auf den Ruinen des alten Schlosses aufbauen lassen, um es als Witwensitz zu nutzen. Vieles erinnert an das Rastatter Schloss. Ihr Gatte war Markgraf Ludwig Wilhelm, genannt der Türkenlouis, der eine bedeutende Rolle in den Türkenkriegen sowie im pfälzischen und spanischen Erbfolgekrieg spielte, war 1707 aber an den Folgen seiner Kriegsverletzungen bereits verstorben. Augusta Sibylla war bis 1727 Regentin der Markgrafschaft Baden-Baden; sie hat sich als Bauherrin einen Namen gemacht, so u.a. des Schlosses Favorite in Förch bei Rastatt. Sie selbst starb 1733, wenige Jahre nach Vollendung des Ettlinger Schlosses. Wir dürfen uns auf eine sehr kompetente Führung durch die Leiterin des Museums Daniela Maier freuen.
In der von Cosmas Damian Asam gestalteten Schlosskapelle hören wir ein Cello-Konzert von Friederike Pasquai-Münch. (Dieses musste leider wegen Erkrankung ausfallen)
Nicht weit entfernt vom Ettlinger Schloss befindet sich das Atelier von Prof. Hanspeter Münch. Für den Transfer steht der Bus wiederum bereit; wer mit eigenem Fahrzeug nach Ettlingen gefahren ist, kann auch mit dem Auto selbst zum Atelier fahren. Wegbeschreibungen sind vorbereitet.
Hanspeter Münch, ein bedeutender lebender Künstler, wird in seinem Atelier über die Entwicklungen in der Malerei im 21. Jahrhundert vortragen. Im Hof vor dem Atelier ist ein Umtrunk vorbereitet. Da wir den Atelierbesuch in 2 Gruppen planen müssen, sollte ausreichend Zeit zur Stärkung vor der Heimreise sein.
Diese Zeit wollen wir auch nutzen für Reflektionen über die Themen unserer Tagung, von Rastatt über Straßburg bis Ettlingen. Gesprächsstoff sollte es genug geben.
Wir planen den Abschluss der Tagung gegen 13:00 Uhr. Für Bahnreisende haben wir den Bustransfer zum Hauptbahnhof Karlsruhe vorgesehen. Die Fahrtzeit beträgt ca. 20 Minuten.