Alexander von Humboldt


Alexander von Humboldt
(14.09.1769 - 06.05.1859)

Sein Leben und Wirken

1787 begann Alexander von Humboldt an der Universität Frankfurt/Oder das Studium der Kameralistik, einer frühen Form der Wirtschaftswissenschaften. Im Jahr 1788/89 weilte er wieder in Berlin und befasste sich intensiv mit dem Studium der Botanik. Während dieser Zeit entstand die enge Freundschaft mit dem Botaniker Carl Ludwig Willdenow (1766-1812), der 1789 Professor am Berliner Collegium Medicochirurgicum wurde, einer medizinischen Fachschule, und 1810 sodann an der neuen Universität einen Lehrstuhl erhielt. Seine Kenntnisse in Geologie, Mineralogie und Geographie vertiefte Alexander ab 1789 durch das Studium in Göttingen. Im Herbst 1789 unternahm er eine erste selbstständige Reise von Göttingen an den Rhein nach Mainz und Heidelberg. Als Ergebnis seiner Studien erschien 1790 seine Erstveröffentlichung: "Mineralogische Betrachtungen über einige Basalte am Rhein". Vom Frühjahr bis zum Sommer 1790 ging er als Begleiter von Georg Forster (1754-1794) vom Niederrhein auf seine erste große Auslandsreise, die ihn nach England und anschließend nach Paris führte. Georg Forster, Schwiegersohn des Philologen Christian Gottlob Heyne (1729-1812), eines der akademischen Lehrer der Brüder Humboldt in Göttingen, hatte mit seinem Vater Johann Reinhold Forster (1729- 1798) den Weltumsegler James Cook (1729-1779) auf dessen zweiter Weltreise begleitet. Die Reise nach England war für Alexander von grundlegender Bedeutung, er wurde in London mit der Gelehrtenwelt bekannt, die sich anschickte, die überseeischen Gebiete wissenschaftlich zu erforschen. Ab 1790 besuchte er die Handelsakademie von Johann Georg Büsch (1728-1798) in Hamburg, die in Deutschland als Fachanstalt einen ausgezeichneten Ruf genoss.  

1791 entschloss sich Alexander, in die preußische Bergbauverwaltung einzutreten, weil er dadurch seine bisherigen mineralogisch-geologischen Studien um praktische Erfahrungen bereichern konnte. Er begann seine intensiven Vorbereitungen mit einem Studium an der berühmten Bergakademie in Freiberg. Hier absolvierte er ein gründliches Fachstudium, gefördert durch den Inspektor und berühmten Lehrer der Bergakademie, Abraham Gottlob Werner (1749-1817), der die Geognosie als neue Wissenschaft von der physischen und mineralogischen Beschaffenheit der Erde lehrte: Alexander hat sich später, wenn er nach seiner Tätigkeit gefragt wurde, gern als Geognost bezeichnet. Von der Bergakademie zurückgekehrt, durchlief er im Staatsdienst schnell alle Stufen bis zum Oberbergrat, dem höchsten Amt unter dem des Ministers. Zu seinen dienstlichen Aufgaben gehörte unter anderem die Sanierung des Bergbau- und Hüttenwesens in der Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth, die seit Ende 1791 zu Preußen gehörte. In Steben gründete er eine Bergschule, für die er Lehrpläne und Schulbücher verfasste. Die dabei bewiesene rastlose Arbeitsaktivität, die Alexander sein gesamtes Leben über beibehielt, erregte bei der vorgesetzten Behörde in Berlin großes Erstaunen. In seine Dienstzeit fielen verschiedene Studienreisen, die der Erweiterung seiner Erkenntnisse dienten. Seine wissenschaftlichen Forschungen und Publikationen wurden sehr bald mit hohen Auszeichnungen gewürdigt; er war Mitglied berühmter Akademien und Gesellschaften. In dieser Zeit begann auch seine Freundschaft mit Schiller und Goethe, die er bis zu deren Lebensende (1805 bzw. 1832) pflegte. 

Durch den Tod seiner Mutter 1796 erbte Alexander ein beträchtliches Vermögen. Dieses gestattete ihm, aus dem preußischen Staatsdienst auszuscheiden, um sich nun ganz seinen wissenschaftlichen Forschungen zuzuwenden. Seit 1788 hatte er den Wunsch gehegt, "entfernte Weltteile zu besuchen und die Produkte der Tropenwelt in ihrer Heimat zu sehen". Mit größter Sorgfalt plante er seine erste Forschungsreise in den nördlichen Teil von Spanisch-Südamerika sowie Mittelamerika oder, wie es im Titel der 1805 veröffentlichten Reisebeschreibung hieß, in die "Äquinoctial-Gegenden des Neuen Continents". Dabei unterstützte ihn vor allem der Arzt und ambitionierte Botaniker Aimé Jacques Alexandre Bonpland (1773-1858), den er 1798 in Paris kennen gelernt hatte und der ihn auf der Forschungsreise begleitete. Nach ausdrücklicher Zustimmung des spanischen Königs Carlos IV. (1788-1808, + 1819) - Nichtspaniern war der Aufenthalt in den Kolonien verboten - begann die Expedition, versehen mit entsprechenden Empfehlungen des Ministers de Urquijo (1769-1817), am 5.6.1799 in La Coruña. Die Mitnahme von 40 geophysikalischen Instrumenten, die exakte Messungen und Beobachtungen garantieren sollten, war für die damalige Gelehrtenwelt eine staunenswerte wissenschaftliche Novität. Alexander beschrieb als sein Forschungsziel: "Was mir den Hauptantrieb zu dieser Reise gewährte, war das Bestreben, Erscheinungen der körperlichen Dinge in ihrem allgemeinen Zusammenhang, die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes aufzufassen. Das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluss der unbelebten Schöpfung auf die belebte Tier- und Pflanzenwelt, auf diese Harmonie sollten stets meine Augen gerichtet sein.“ Auf Teneriffa wurde ein kurzer sechstägiger Zwischenaufenthalt eingelegt: Alexander bestieg den Pico de Teyde, einen ruhenden Vulkan und zugleich Spaniens höchsten Berg, und bestimmte an den Hängen fünf Klimazonen.
Nach der Landung an der Küste von Venezuela am 16.7.1799 unternahm er eine erste Reise in das Gebiet der Chaimas-Indianer und in die große Region zwischen Rio Negro und Orinoko, wo Tausende von Messungen durchgeführt, zahlreiche Pflanzensammlungen vorgenommen und eine Fülle von Erkenntnissen gewonnen wurden. Die nächste Expedition führte ab Dezember 1800 nach Kuba, wo er sich zunächst dem Studium in den Bibliotheken und Archiven in Havanna widmete, um eine Beschreibung von Kuba zu verfassen. Mit dieser Schrift trug er dazu bei, die Landeskunde wissenschaftlich zu begründen. Sodann durchreiste er das Land, ermittelte neue geophysikalische Messwerte und registrierte botanische sowie mineralogische Funde. Aus Kuba zurückgekehrt, begann mit der Reise durch Kolumbien im April 1801 die eigentliche große Südamerika-Expedition. Von Cartagena aus durchquerte die Reisegruppe auf Flussschiffen oder in mühsamen Fußmärschen das Land. Alexander studierte das Leben der Indianer und erforschte die Pflanzen- und Tierwelt sowie die klimatischen Bedingungen. In Bogotà begutachtete er die dortigen Salinen wie auch die Edelmetall-Vorkommen Kolumbiens und überreichte dem Vizekönig Unterlagen über einige bis dahin noch nicht vermessene Landesteile. Von Anfang an instrumentierte er seine Forschungen, d. h. er stützte sie auf vergleichbare Messwerte. Er wurde zum bedeutendsten Kartographen bis heute. 

Die Weiterreise führte 1802 nach Quito im heutigen Ecuador. Von dort aus bestieg er zwei der größten Vulkane Südamerikas, den Pichincha (4794 m) und den Chimborazo (6319 m), letzteren allerdings nur bis auf 5500 Meter Höhe, ohne Höhenausrüstung eine enorme körperliche und psychische Leistung. Die Rückreise verlief von Lima in Peru aus zu Schiff nach Guayaquil, wo er Temperatur-Messungen im später nach ihm benannten Humboldt-Strom vornahm und die Bedeutung dieses Kaltstromes auf die Landesvegetation untersuchte. Im Frühjahr 1803 wurde zu Schiff Acapulco am Pazifik erreicht, sodann auf dem Landwege Mexiko-Stadt. Hier fand Alexander ein reges wissenschaftliches und kulturelles Leben vor, er engagierte sich an der dortigen Bergschule mit Vorlesungen und der Abfassung von Lehrmaterial. Auf seinem Weg durch die mexikanischen Bergbau-Regionen kritisierte er die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen. Besuche in den Silber-, Quecksilber- und Zinn-Minen erbrachten ihm neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Nach der Abreise im Frühjahr 1804 mit Zwischenstation in Havanna auf Kuba folgte er der Einladung verschiedener wissenschaftlicher Persönlichkeiten in die USA und wurde auch von Präsident Thomas Jefferson (1743-1828) empfangen. Dabei legte er fünf Vorschläge für den Bau des späteren Panama-Kanals vor. Am 3. August 1804 traf Alexander wieder in Bordeaux ein. 

Alexander hatte auf dieser Südamerikareise über 700 astronomische Messungen und unzählige geophysikalische Bestimmungen durchgeführt sowie 6200 Pflanzenarten (je drei Exemplare) gesammelt, von denen 3600 bis dahin unbekannt waren. Seine Ergebnisse und Erfahrungen waren auf 60 000 Seiten Papier festgehalten. Besonders hervorstechend war das 1803 von ihm angefertigte "Naturgemälde-Profil" der Anden in Pyramidenform mit Eintragung aller Pflanzen, in dem er erstmals die Pflanzenwelt in Zonen einteilte. Die Kisten mit allen Sammlungen füllten eine gesamte Schiffsladung. Die Auswertung dieses sehr umfangreichen Materials dauerte über 30 Jahre, wobei er von zahlreichen europäischen Wissenschaftlern unterstützt wurde. Diese grandiose naturwissenschaftliche Zusammenstellung aller Erfahrungen und Ergebnisse erfolgte in seinem fünfbändigen Werk: "Kosmos – Entwurf einer physikalischen Weltbeschreibung" (erschienen 1845 – 1862) - gleichsam als Humboldtianisches Weltbild. 

Alexander beabsichtigte, der Forschungsreise nach Amerika eine weitere nach Zentralasien folgen zu lassen. Insbesondere gehörten vulkanische Gegenden sowie auch Indien zu seinen Reisezielen. Zu letzterem verweigerte ihm die britische Regierung den Zugang. Die Reise nach Russland ließ sich zunächst wegen der napoleonischen Kriege und außerdem weil die russische Regierung ausländischen Forschern misstraute, erst 1829 verwirklichen. Alexander wurde eingeladen, den sibirischen Bergbau im Hinblick auf seine Ergiebigkeit zu begutachten. Die russische Regierung wie auch Zar Nikolaus I. (1825-1855) persönlich unterstützten ihn mit erheblichen Geldmitteln, verlangten jedoch, dass er sich bezüglich der sozialen Zustände jeder Äußerung enthalte. Die Reise begann im April 1829 über die baltischen Länder nach St. Petersburg, von dort ging sie nach Moskau und sodann in den Ural. Aufgrund vergleichender Geologie konnte Alexander das Vorkommen von Diamanten im Ural voraussagen und später die ersten dort gefundenen Stücke der Zarin in St. Petersburg überreichen. Aus seinen Untersuchungen des kontinentalen Klimas entwickelte er den Begriff des gemäßigten Klimas. Er führte die Isothermen-Methodik ein und war der Schöpfer der ersten Isothermen-Karte. Alexander gilt als Wegbereiter der Klimatologie, wobei er bereits die Rückwirkungen auf Menschen, Tiere und Pflanzen erkannte, wiederum eingebettet in seine Lehre von der physikalischen Geographie. Die Inhalte der modernen Geographie, wie Pflanzengeographie, Klimatologie, Erd- und Landeskunde sowie thematische Kartographie sind bleibend mit seinem Namen verbunden. 

Wenn er sich nicht auf Forschungsreisen befand, lebte Alexander von Humboldt bis 1827 überwiegend in Paris, danach in Berlin. In Paris schätzte er insbesondere die Gelehrtenwelt und das wissenschaftliche Klima. Dort erschienen, vorzugsweise in Prachtausstattung, die meisten seiner Reiseberichte. Da er das Amt eines Kammerherrn innehatte, wurde er mehrfach mit diplomatischen Missionen betraut, darunter allein mit acht Aufträgen nach Paris. Zu seinen weiteren Pflichten gehörte die Reisebegleitung der preußischen Könige. Alexander war ein hoch geschätzter Gesellschafter, der durch die anschauliche Schilderung seiner Erlebnisse und Entdeckungen seine Zuhörer bei Hofe anregend zu unterhalten vermochte. Die Berliner Gelehrtenwelt bereicherte er durch zahlreiche Vorträge, insbesondere im Rahmen der Akademie der Wissenschaften. 1842 wurde er erster Kanzler der von Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861) neu gestifteten Friedensklasse des Ordens "Pour le mérite". Nachdem das mütterliche Erbe aufgebraucht worden war, lebte Alexander von seinen Bezügen aus der Berliner Akademie der Wissenschaften, seiner Tätigkeit als Kammerherr sowie anderen persönlichen Zuwendungen. Er förderte zahlreiche Nachwuchswissenschaftler, seine Empfehlungen fanden hohe Beachtung. Seine Lebensführung war bescheiden, verschiedene Anekdoten berichten von seiner Hilfsbereitschaft gerade gegenüber in Notlage geratenen Mitmenschen. 

Alexander von Humboldt verstarb in Berlin (Oranienburgerstr. 67) am 6. Mai 1859 im 90. Lebensjahr. Um seine wissenschaftlichen Leistungen und seine Persönlichkeit zu ehren, ordnete der Prinzregent und spätere Kaiser Wilhelm I. (1861-1888) ein Staatsbegräbnis an. Ein unendlicher Leichenzug begleitete die sterblichen Überreste zum Berliner Dom, wo Alexander auch 1769 getauft worden war. Nach der Trauerfeier wurde er, wie sein Bruder Wilhelm, im Garten von Schloss Tegel bei Berlin beigesetzt.

(U. von der Burg)


Bronze-Denkmal Alexander von Humboldt, 1878/1999
von Gustav Hermann Blaeser (1813-1874).
Berlin-Tiergarten, Budapester Straße.

„Ich hielt es für besser, etwas zu leisten, als nichts zu versuchen, weil man nicht alles leisten kann.“
„Kühner als das Unbekannte zu erforschen, kann es sein, das Bekannte zu verwerfen.“

Alexander von Humboldt